AI als Game Changer in der Toxikologie?
Die Artificial Intelligence (AI) auf Deutsch künstliche Intelligenz (KI) ist wahrscheinlich inzwischen jedem ein Begriff. Sie hat bereits in vielen Bereichen Einzug gehalten, z. B. im Finanzwesen, im Bildungswesen, in der Medizin und in vielen anderen Bereichen. Aufgrund ihrer Fähigkeit, große und komplexe Datenmengen zu verarbeiten und zu analysieren, wäre sie auch für den Einsatz in den Biowissenschaften gut geeignet. So würde der Einsatz von KI die Entwicklung medizinischer Fragestellungen, von der Diagnose bis zur Therapie, die Durchführung von Studien in der Arzneimittelforschung, Toxikologie oder Genetik erleichtern und vielleicht sogar verbessern.
Die wissenschaftliche Disziplin der Toxikologie befasst sich mit der Beobachtung, Analyse und Beschreibung der Auswirkungen eines bestimmten Agens in einem lebenden Organismus oder Ökosystem. Sie spielt daher eine wichtige Rolle bei der Prüfung der Sicherheit neuer Produkte, z. B. bei der Entwicklung von Medikamenten, aber auch bei der Prävention von Krankheiten. Während KI-Systeme in anderen wissenschaftlichen Bereichen schon lange eingesetzt werden, besteht in der Toxikologie noch Nachholbedarf. Lange Zeit basierten die meisten toxikologischen Studien auf Ergebnissen aus In-vivo-Experimenten. Da die Toxikologie heute jedoch im Vergleich zu früher über eine wesentlich größere Datenmenge verfügt, könnte der Einsatz von KI durchaus als sinnvoll erachtet werden. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz könnten toxische Reaktionen vorhergesagt und damit potenzielle Risiken bewertet werden. Auch die Analyse großer Datenmengen wäre viel einfacher und schneller möglich.
In der Pathologie sei die Integration von KI viel schneller. Hochauflösende bildgebende Verfahren zur genaueren Untersuchung von Gewebeproben oder verschiedene digitale Werkzeuge zur automatisierten quantitativen und objektiven Analyse von Zellzahl, Morphologie und Farbintensität von Zellen wären Beispiele hierfür. Die digitale Pathologie ließe sich gut mit der Toxikologie kombinieren. Sie würde sich beispielsweise für das Screening der Auswirkungen verschiedener Substanzen im Gewebe eignen. Die Vorteile bestünden darin, dass die Daten leichter ausgetauscht werden könnten, da digitale histologische Präparate von überall her zugänglich wären. Darüber hinaus würden die automatisierten Analysen zu erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen führen. Die digitale Pathologie leistet einen wichtigen Beitrag zur Reduzierung und Ersetzung von Tierversuchen, da sie leicht in In-vitro- und In-silico-Modelle integriert werden kann. Im Falle von Tierversuchen, die noch nicht durch alternative Methoden ersetzt werden können, könnte die hohe Präzision der digitalen Pathologie zu besseren und genaueren Ergebnissen führen.
Abgesehen von den vielen Vorteilen, die die Integration von KI mit sich bringt, gibt es noch einige Einschränkungen, an denen in Zukunft gearbeitet werden muss. Nicht alle verfügbaren Daten sollten in die Datenanalyse einbezogen werden. Gefälschte, ungenaue oder anderweitig unbrauchbare Quellen würden die Ergebnisse der Analysen nur verfälschen. Es bräuchte also noch Mechanismen, um den „Müll“ auszusortieren. KI-Systeme sollten auch verständliche und transparente Ergebnisse liefern. Derzeitige Systeme sind vergleichbar mit einer „Black Box“, was die Interpretation erheblich erschwert. Um die Reproduzierbarkeit von Tests zu gewährleisten, sollten auch standardisierte KI-Modelle entwickelt werden.
Quelle: Hartung, Thomas. (2023). ToxAIcology - The evolving role of artificial intelligence in advancing toxicology and modernizing regulatory science. ALTEX. 40. 559-570. 10.14573/altex.2309191.
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