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Clickertraining bei Labornagern

Seit mehr als 10.000 Jahren werden Tiere von Menschen zu verschiedenen Zwecken trainiert. Das Training auf der Grundlage konditionierter Verstärkung, zu dem auch das Clickertraining gehört, hat in letzter Zeit an Popularität gewonnen. Die Verwendung eines Clickers in Kombination mit Futter zur Bestätigung des gewünschten Verhaltens hat sich vor allem in der Hundeausbildung und beim Reiten bewährt.1

Die klassische Konditionierung, die Grundlage eines jeden Clickertrainings, wurde erstmals im 19. Jahrhundert von ihrem Begründer, dem Lerntheoretiker Iwan Pawlow, beschrieben. Er erkannte in seinen Verhaltensexperimenten mit Hunden, dass ein neutraler Reiz, der durch einen konditionierten Reflex ergänzt wird, zu einem konditionierten Reiz werden kann. Pawlow bezeichnete den Speichelfluss der Hunde bei der Wahrnehmung von Futter - ein unkonditionierter Reiz - als Reflex oder unkonditionierte bzw. angeborene Reaktion. Das Ertönen der Glocke in Verbindung mit der Fütterung (neutraler Reiz) wurde von den Hunden in einem Lernprozess mit dem Fressen in Verbindung gebracht und führte dann zu verstärktem Speichelfluss, der konditionierten Reaktion, auch wenn kein Futterreiz vorhanden war. Die Glocke ist also als ein konditionierter (erlernter) Reiz zu verstehen. Das Clickertraining, bei dem das Futter mit einem Klickgeräusch assoziiert wird, basiert auf den Prinzipien der Pawlowschen Lerntheorien.2

Der Begründer der operanten Konditionierung, B. F. Skinner, führte Pawlows Forschung im 20. Jahrhundert fort. Mit seinen Clicker-Experimenten mit Ratten konnte er nachweisen, dass Verhalten durch positive Verstärkung verstärkt werden kann und damit wahrscheinlicher wird. Dazu wird ein erlernter, d.h. konditionierter Verstärker verwendet.2

Leidinger et al. beweisen in ihrer Studie, dass der Einsatz eines Clickers zur positiven Verstärkung beim Training an Mäusen von großem Nutzen sein kann. Als kognitives Enrichment trägt das Clickertraining zur Verbesserung des Wohlbefindens der Tiere bei und erfüllt damit zum Teil das Ziel der Verbesserung (Refinement), das neben Vermeidung (Replacement) und Verminderung (Reduction) ein zentrales Element der EU-Tierversuchsrichtlinie (RL 2010/63/EU) ist. Außerdem führt das Training der Mäuse zu einer Gewöhnung der Tiere an den/die Experimentator*in, was den Stress reduziert. Leidinger et al. stellen in ihrer Publikation mit dem Titel „Introducing Clicker Training as a Cognitive Enrichment for Laboratory Mice“ ein Protokoll zur Durchführung des Trainings mit einem Clicker an Mäusen vor. Ihrer Meinung nach ist es wichtig, vor Beginn des Trainings mit Hilfe von Präferenztests herauszufinden, welches Futter für die Tiere den größten Anreiz darstellt. Leckerbissen wie Nüsse, Obst, Marmelade, Gummibärchen oder Schokolade sind gute Belohnungen. Bereits in den ersten Trainingseinheiten werden die Mäuse auf den Clicker konditioniert, indem der Click mit einem Leckerli verknüpft wird. In den letzten Sitzungen des Clickertrainings sollten sie allmählich an die Hand des/der Versuchsleiters*in gewöhnt werden.3

Nach Abschluss aller Trainingseinheiten wurden die Mäuse hinsichtlich ihres Angst- oder Stressverhaltens mit untrainierten Kontrolltieren verglichen. Tatsächlich zeigten die Absolventen des Clickertrainings Verhaltensweisen wie Urin- und/oder Kotabsetzen oder Vokalisation in geringerem Maße während der Handhabung. Im Morris-Wasserlabyrinth-Test waren die Tiere ebenfalls weniger gestresst, was sich in einer deutlich geringeren Häufigkeit des Quiekens sowie einer geringeren Tendenz zum Abdriften zeigte. Ihre Studie belegt somit den positiven Einfluss des Clickertrainings auf die Mensch-Tier-Interaktion.4

Dickmann et al. verwendeten dasselbe Clicker-Trainingsprotokoll in ihrer Verhaltensstudie an Mäusen. Anhand der Leistungen der trainierten Tiere im Vergleich zu den untrainierten Tieren in den Tests Cat Walk, Open Field und Elevated Plus Maze lässt sich ein messbarer Unterschied feststellen. So zeigten sich beispielsweise bei der Geschwindigkeit und der zurückgelegten Strecke in den verwendeten Testsystemen deutliche Unterschiede zwischen den beiden Testgruppen, insbesondere aber bei den weiblichen Versuchstieren.5

In einer weiteren Studie von Leidinger et al. beschäftigt sich die Forschungsgruppe mit Clickertraining bei Ratten. Ihr Ziel ist es, das Handling während des Transfers zu vermeiden, um das Stressniveau der Tiere und das potenzielle Hygienerisiko durch direkten Mensch-Tier-Kontakt zu verringern. Stress wirkt sich bekanntermaßen negativ auf das Wohlbefinden der Versuchstiere aus und beeinträchtigt ebenfalls die Reproduzierbarkeit und damit die Qualität der Forschung. Leidinger et al. stellen ihr Trainingsprotokoll vor, mit dem Ratten beigebracht wird, selbstständig und freiwillig mit Hilfe eines Clickers den Käfig zu wechseln. Da Ratten von Natur aus neugierige und wissbegierige Tiere sind, stellt das Training mit dem Clicker keine große Hürde dar. In ihrem Experiment lernte ein Teil der Gruppe, der nicht in das Training einbezogen war, das gewünschte Verhalten sogar allein durch Beobachtung des Vorgangs.6

Das Clickertraining kommt sowohl den Tieren als auch der Forschung zugute und erfordert nur einen geringen und überschaubaren zusätzlichen Zeitaufwand. Ebenso stärkt das Training die Mensch-Tier-Beziehung. Die Durchführung des Clickertrainings kann also unter vielen Gesichtspunkten als sinnvoll angesehen werden und sollte daher von Tierversuchseinrichtungen in Zukunft im Sinne einer Weiterentwicklung angestrebt werden.

 

Quellen:

1) Pfaller-Sadovsky N, Hurtado-Parrado C, Cardillo D, Medina LG, Friedman SG. What's in a Click? The Efficacy of Conditioned Reinforcement in Applied Animal Training: A Systematic Review and Meta-Analysis. Animals (Basel). 2020 Sep 28;10(10):1757. doi: 10.3390/ani10101757. PMID: 32998242; PMCID: PMC7600771. Diamond J. Evolution, consequences, and future of plant and animal domestication. Nature 2002, 418, 700–707.
2) https://zuugs.hfh.ch/verhalten/chapter/klassische-lerntheorien/ (Zugriff am 26.04.2023) Skinner B F. How to Teach Animals. Sci. Am. 1951, 185, 26–29. Available online: https://psycnet.apa.org/ record/1952-04212-001 (accessed on 8 July 2020).
3) Leidinger C, Herrmann F, Thöne-Reineke C, Baumgart N, Baumgart J. Introducing Clicker Training as a Cognitive Enrichment for Laboratory Mice. J Vis Exp. 2017 Mar 6;(121):55415. doi: 10.3791/55415. PMID: 28287586; PMCID: PMC5408971. RL 2010/63/EU Balcombe J P, Barnard N D, Sandusky C. Laboratory routines cause animal stress. Contemporary topics in laboratory animal science / American Association for Laboratory Animal Science. 43 (6), 42-51 (2004).
4) Leidinger C, Herrmann F, Thöne-Reineke C, Baumgart N, Baumgart J. Introducing Clicker Training as a Cognitive Enrichment for Laboratory Mice. J Vis Exp. 2017 Mar 6;(121):55415. doi: 10.3791/55415. PMID: 28287586; PMCID: PMC5408971.
5) Dickmann J, Gonzalez-Uarquin F, Reichel S, Pichl D, Radyushkin K, Baumgart J, Baumgart N. Clicker Training Mice for Improved Compliance in the Catwalk Test. Animals. 2022; 12(24):3545. https://doi.org/10.3390/ani12243545
6) Leidinger C S, Kaiser N, Baumgart N, Baumgart J. Using Clicker Training and Social Observation to Teach Rats to Voluntarily Change Cages. J. Vis. Exp. (140), e58511, doi:10.3791/58511 (2018).

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